Damit hatte wohl wirklich niemand ernsthaft gerechnet: Nach der kompletten Stimmenauszählung der Kommunalwahl stand jedoch fest, dass künftig eine Nazipartei mit einem Sitz im Oldenburger Stadtrat vertreten sein wird. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten. Läppische 1,14 % reichten aufgrund schlechter Stimmenverteilung und des Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer, dem sogenanten Proportionalverfahren, für die NPD aus. Nur mal so zum Vergleich: Während z.B. die FDP mit über 5300 Stimmen nur einen Sitz erhielten, bekam die NPD für 2032 Stimmen ebenfalls Einen. Das erscheint noch nicht einmal für AnhängerInnen des Parlamentarismus logisch, ist aber wohl nicht zu ändern. Aber zurück zur NPD: Wie schon erwähnt, erhielten die FaschistInnen mit 2032 Stimmen 1,14 %, was gegenüber der letzten Kommunalwahl 2006 einen Zugewinn von 0,15 % bzw. 457 Stimmen bedeutet. Da mensch bei der Kommunalwahl jeweils drei Stimmen zu vergeben hat, dürften dieses Mal um die 700 OldenburgerInnen (2006: etwa 550) ihre Kreuze bei der NPD gemacht haben, also etwa 150 Leute mehr vor 5 Jahren. Ein Rechtsruck sieht anders aus, auch wenn die Zahl von immerhin 700 NPD-SymphatisantInnen in Oldenburg schon erschreckend ist. Vorallem wenn mensch bedenkt, was z.B. Patrick Gensing bezüglich der Wahl in MVP wohl treffend feststellte: »Die NPD wird nicht von ihrem Anhängern gewählt, obwohl sie eine Nazi-Partei ist, sondern weil es eine Nazi-Partei ist«.

Die »Hochburgen« der NPD
Auch wenn die geringen Zahlen eine fundierte Wahlanalyse kaum zulassen, soll an dieser Stelle nun doch ein solcher Versuch unternommen werden. Fest steht, dass die »Hochburg« der NPD im Wahlbereich V Süd, also in den Stadtteilen Kreyenbrück, Bümmerstede, Tweelbäke und Krusenbusch zu finden ist. Dort erreichte sie überdurchschnittliche 1,86% und damit auch ihren Sitz im Stadtrat. Allerdings bedeutet dies auch nur eine Anzahl von 519 Stimmen (2006: 1,54% bei 383 Stimmen). Teilt man wieder durch die drei Stimmen pro Person, ergibt sich, dass dort vermutlich 180 bis 200 Menschen die NSDAP-Nachfolgepartei bei der Wahl unterstützten. Immerhin ein Viertel aller ihrer Stimmen in den zusammen 6 Wahlbereichen der Stadt. Bei Betrachtung der verschieden Wahllokale des Bereichs lassen sich auch innerhalb dessen Schwerpunkte feststellen: In der Gegend um den Dwaschweg sowie südlich und westlich des Klinikums Kreyenbrück erreichte die NPD um die 3 %, trauriger Spitzenreiter ist das angrenzende Wahllokal 504 rund um die Henning-von-Tresckow-Kaserne in Bümmerstede, wo sie sogar 5,52 % (was allerdings nur 69 Stimmen entspricht) erhielt. Übrigens ein ähnliches, wenn auch etwas höheres Ergebnis wie 2006. Ein Oldenburger Historiker ermittelte damals die NPD-WählerInnenschaft in den Einfamilienhäuser-Gegenden in Kreyenbrück und Bümmerstede, welche sich in direkter Nachbarschaft zu den Blocks des sozialen Wohnungsbaus befinden. Somit würde es sich nach seiner Meinung bei ihnen um das konservative, rassistische Kleinbürgertum handeln, welches sich aus Angst vor Deklassierung dem Faschismus zuwendet – ebenso wie die frühen WählerInnen der NSDAP. Aber wie gesagt sind die Zahlen für eine solche Analyse eigentlich zu gering, aus den Augen verlieren sollte man diese begründete Vermutung jedoch nicht. Ach ja, die Debatte um die Unterbringung von AsylbewerberInnen in einer Massenunterkunft im Stadtteil Brokhausen hat zumindest dort nicht zu einem massiven Stimmenzuwachs der NPD geführt.
Der Nazi-Ratsherr
Künftig will nun also die NPD in Gestalt des am 30. Juli 1947 geborenen Oldenburgers Ulrich Eigenfeld die – wie sie es gerne sagen – »Stimme des Volkes« im Stadtrat vertreten. Der in der Tannenstraße 5 in Oldenburg-Eversten wohnende Eigenfeld ist bereits seit 1969 Mitglied der NPD und ist seit über 25 Jahren in verschiedenen Ämtern hauptberuflich Faschist – finanziert durch die Parteikasse der NPD. Momentan bekleidet der innerparteilich stark umstrittene 64jährige das Amt des Schatzmeisters im Bundesvorstand der Partei. Er gilt innerhalb der NPD als profilloser Biedermann und als Vertreter des rechts-konservativen Flügels, hat aber zumindest in Oldenburg stets die Zusammenarbeit mit der gewaltätigen Naziszene gesucht.

Bei der konstituierenden Ratssitzung am Dienstag, dem 1. November um 18 Uhr in der Weser-Ems-Halle haben AntifaschistInnen nun eine erste Möglichkeit, dem braunen Ratsherrn deutlich die rote Karte zu zeigen. Und die folgenden fünf Jahre gilt es, der NPD keinen Fußbreit kampflos zu überlassen, ihre organisatorische Basis zu beseitigen und natürlich weiterhin entschieden für linke und humanistische Positionen zu streiten. Denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.